Sozialpsychologisches Gutachten vor dem Bundesverfassungsgericht zu TschG § 3 (Verfassungsbeschwerde)
AUS: DREI ABHANDLUNGEN zu Zoophilie, Kultur und Gesellschaft (Teil 02 — — Zur Herkunft des Begriffes “Sodomie”)
DREI ABHANDLUNGEN zu Zoophilie, Kultur und Gesellschaft (Teil 02 — — Zur Herkunft des Begriffes “Sodomie”)
Immer wieder versuchen UNGEBILDETE “Anti-Zoophile” ihrer “Meinung” Ausdruck zu verleihen, Zoophilie sei ein Zeichen von “Dekadenz”, es zeige die “Verkommenheit” unserer Gesellschaft, und weiter und schlimmer, es müsse wohl “EIN NEUER ADOLF” kommen, der für “Zucht und Ordnung” sorgen müsse.
Dass erotische Beziehungen zwischen Mensch und nicht-menschlichen Tieren in der gesamten Menschheitsgeschichte zum Standard zählen, dass Zeugnisse davon aus vielen Kulturen, in Museen und Bibliotheken für jedermann sichtbar sind, und dass daher eher der “Horror” vor solchen Beziehungen ein Zeichen von “Dekadenz” (also der Abwendung des Menschen von sich selbst und seinen Ursprüngen) sein dürfte, fällt den UNGEBILDETEN nicht auf.
“Anti-Zoophile” marschieren mit Fotos von GEWALTtätig misshandelten Tieren durch die Städte – wovon sich strohdumme “Politiker” beeinflussen lassen. Mit “Zoophilie” haben solche Photos überhaupt nichts zu tun… es handelt sich um DEMAGOGIE, um VOLKSVERHETZUNG: ein Zeichen „vordemokratischer“ VERDUMMUNG und damit von DEKADENZ…
Eigenartig ist dabei, dass ausgerechnet gerade die, welche sich ANGEBLICH gegen den “Speziesismus” wenden und den Menschen nicht von den nicht-menschlichen Tieren grundsätzlich absondern wollen, an *diesem* EINEN Punkt auf einmal eine Sonderstellung des Menschen behaupten, obwohl u.a. bekannt ist, dass Tiere es grundsätzlich/ potentiell auch jenseits von Artgrenzen treiben, auch angesichts der von “der Natur” aufgerichteten Barrieren.
Es geht diesen “Tierrechtlern” erkennbar NICHT um die
Tiere, sondern GEGEN DIE SEXUALITÄT … wie das ja von “Kinderschützern” auch
bekannt ist… 98% der Sexualisierten Gewalt gegen “Minderjährige” geht von als
“normal” geltenden HETEROsexuellen aus… doch Herr Putin sagt zu HOMOsexuellen
“Lassen Sie die Finger von Kindern”… und meint offensichtlich sich SELBST.
Nach diesem Muster verfahren auch die “Tierschützer”.
Jeder, der sie dazu auffordert, sich über Zoophilie zu INFORMIEREN statt der Verdummung zu folgen, wird von ihnen mit billigsten Mitteln zu diffamieren versucht, wie z.B. mit Lügen wie, er/sie sei selbst zoophil…
WOHER nun kommt eigentlich der Begriff “Sodomie” ?
Ist schon die Auffassung von dessen Herkunft, dessen Assoziation mit “Sünde”
und “sexueller Lasterhaftigkeit” überhaupt korrekt ?
In der biblischen Erzählung über Sodom hat Lot, ein Neffe Abrahams, zwei durchreisende Engel – offenbar männliche Engel ? – in seinem Haus als Gäste aufgenommen.
Nach dem Abendmahl haben sich vor Lots Haus sämtliche Männer Sodoms, alte wie junge, versammelt und verlangen, als sei das nichts Besonderes, die Herausgabe der Engel, um mit ihnen zu verkehren.
Lot versucht verzweifelt, dem WILDGEWORDENEN MOB statt der Engel seine beiden noch jungfräulichen Töchter zur Vergewaltigung “anzubieten”.
Doch es kommt weder zur Vergewaltigung der Engel noch zur Vergewaltigung der Töchter. Lot verlässt mit Frau und Töchtern die Stadt.
Dennoch veranlassen die Engel die Vernichtung Sodoms und fünf weiterer Städte durch Gott.
(“Vergessen” wird übrigens zum Beispiel, dass der Sage nach in der Nacht der Zerstörung die Töchter Lots ihr Schicksal bejammerten, es sei nun kein Mann mehr in Sodom zugegen, der ihnen Kinder zeugen könne, worauf sie ihren Vater betrunken machen und ihn verführen … hieraus sollen die Söhne Moab und Ammon (Stammväter der israelitischen Volksgruppen Moabiter/Ammoniter) entstanden sein… doch: wo denn blieb hier die “Strafe” Gottes …?)
Aus dieser Erzählung lässt sich *keine* “Ethik zur Beurteilung sexueller Aktivitäten” ableiten.
Es kommt in dieser Geschichte zu keinem Gewaltakt – dennoch wird Sodom zerstört! Warum aber werden die Einwohner für etwas, das sie nicht taten, bestraft ?
Oder liegt die „Sünde Sodoms“ doch ganz woanders ?
Dass in dieser Geschichte, wie es der Katechismus (Nr. 2357) der Katholischen Kirche formuliert, „Homosexualität als schlimme Abirrung“ bezeichnet werde, ist offensichtlicher Unsinn.
Davon ist in der Geschichte an keiner Stelle die Rede.
Es geht in der Geschichte erkennbar auch nicht darum, dass die Engel männlich waren. Und, hätte Lot Söhne, wenn er sie gehabt hätte, ebenso zur Vergewaltigung angedient ?
Im Alten Testament, also in den jüdischen Reaktionen
auf diese Geschichte, kommen mögliche sexuelle Aspekte an keiner Stelle in den
Blick.
Bei den Propheten Jesaja (3,9) und Jeremia (23,14) wird die Sünde in der
ARROGANZ DER BEWOHNER Sodoms gesehen, für den Propheten Ezechiel (16,49f)
bestand ihre Bosheit in der WEIGERUNG, DEN ARMEN und DEN VERFOLGTEN BEIZUSTEHEN
…
WER also betätigt sich hier – heute – in der “Sodomie” …?
Zoophile ? Oder die, welche sie VERFOLGEN und ihnen NICHT GEGEN VERFOLGUNG BEISTEHEN …?
Mögliche sexuelle Aspekte der Erzählung werden erst im Neuen Testament angedeutet (2 Petr 2,10; Jud 7?8). Dort ist ansatzweise von der ?schmutzigen Begierde des Körpers? die Rede. Dass die Autoren dieser Schriften aus der Sodom-Erzählung allerdings eine Verurteilung gleichgeschlechtlicher Sexualität herausgelesen hätten, ist beim besten Willen nicht zu erkennen.
Unter kirchlichen und kanonischen Autoren lässt sich erst sehr viel später und nur ganz allmählich ein “wachsendes Interesse an den sexuellen Aspekten” dieser Geschichte erkennen, wobei Augustinus (5. Jahrhundert) sich dabei eher für das allgemeine Problem ?ungeordneter Begierden? interessiert als z.B. für gleichgeschlechtliche Handlungen.
Erst um das 7. Jahrhundert legt sich Gregor der Große (? 604) auf eine eindeutig sexuelle Auslegung der Sodom-Geschichte fest: Sodom wird für ihn der Inbegriff für die Strafe Gottes wegen ?Verbrechen des Fleisches? (scelera carnis). Was aber wiederum diese „Verbrechen des Fleisches“ sein sollten, stand für die christlichen Theologen noch lange nicht fest.
In vielen Fällen wurde “Sodomie” ein allgemeiner Ausdruck für Formen sexuellen Verkehrs, die als „widernatürlich“ angesehen wurden.
Auch Verkehr von Christen mit Juden wurde lange Zeit als “Sodomie” bezeichnet…
Selbst sexuelle Akte zwischen Mann und Frau wurden gelegentlich als ?sodomitisch? bezeichnet, wenn sie nicht auf Fortpflanzung ausgerichtet waren.
Zu einer Wendung in der allgemeinen Auffassung kommt es erst durch Petrus Damiani (11. Jahrhundert), den Wortführer der “Gregorianischen Reform”, einen glühenden Verfechter des Priesterzölibats und einen wütenden Kämpfer gegen das „sodomitische Laster“.
Deshalb schreibt er einen langen Brief an Papst Leo IX. (1049).
Petrus Damiani tritt darin dafür ein, das “sodomitische Laster” – was er meint, ist die, aus seiner Sicht, Verbreitung allgemeinen “sexuellen Lasters” in den Orden, unter den Priestern und in der Gesellschaft, an dem sich aber außer ihm offenbar kaum jemand sehr zu stören schien – wesentlich strenger zu bestrafen, als dies bis dahin die kirchlichen Bußbücher vorgesehen hatten.
In diesem Brief an Papst Leo erfindet Damiani erst diese neue Vokabel: die “Sodomie”. Er tat dies in absichtlicher Analogie zur Blasphemie / der „Gotteslästerung“ : „Wenn Blasphemie die schlimmste Sünde ist, weiß ich nicht, auf welche Weise Sodomie besser sein sollte?“
Für Damiani war hinfort „Sodomie“ zunächst und insbesondere der Oberbegriff für alle Arten von sexuellen Handlungen zwischen Männern.
Damit kam aber ? nach und nach, in dem Maße, wie der neue Begriff sich verbreitete ? eine neue Qualität ins Spiel:
“Sodomiter” sind nicht mehr *Personen*, die aus den unterschiedlichsten Motiven und unter den unterschiedlichsten Umständen bestimmte Handlungen ausführen, sondern “Sodomiter” werden Träger des Merkmals ?Sodomie?, und zu einer “Gruppe” mit einer bestimmten Disposition, allenfalls zu “bemitleidende” Geschöpfe, die nichts mehr “mit uns zu tun” haben sollen, die ausgegrenzt werden können.
Man schafft eine “Gruppe “von Menschen, die man von den ?normalen? Menschen dann klar abgrenzen kann, auf die auch alles projiziert werden kann an “Bösem”, das man an sich selbst nicht wahrhaben möchte…
So kann “klar werden”, dass diese “Anderen” auch für
Hungersnöte, Pest und Erdbeben verantwortlich sind.
Oder – heute – eben für die “Dekadenz” unserer angeblich “perversen”
Gesellschaft, für alles womit sich für “normal” erklärende Menschen nicht
zurecht kommen.
In dem Zusammenhang wird deutlich, weshalb “Anti-Zoophile” fast ausschliesslich
aus kleinbürgerlichen, ungebildeten, gesellschaft depravierten Milieus stammen.
Als diese „Anderen“ gehören die “Sodomiten” im ausgehenden Mittelalter mit den Hexen und den Juden zu jenen “andersartigen Feinden der Christenheit”, die mit diabolischen Merkmalen gekennzeichnet werden.
Die Hintergründe, weshalb aber diese Ideologien auf fruchtbaren Boden fallen, sind gesellschaftliche und soziale Umwälzungen, deren Beschreibung fatal an Heute erinnert, und die “Betroffenen” Angst machen, für deren “Bewältigung” sie Sündenböcke “brauchen”…
Unzählige große Städte entstehen seinerzeit, Familienverbände lösen sich auf, neue Wirtschaftsformen bilden sich heraus, viele Menschen verelenden – große Unsicherheit greift um sich.
Die “traditionellen” (!) Formen des familiären Zusammenhalts beginnen sich aufzulösen.
Die “Amtskirche”, die längst unauflöslich ihre Verbindung zur weltlichen Herrschaft eingegangen ist, und darum fürchtet, reagiert hierauf mit einer Flut des “Lobes der Ehe”, der “traditionellen” Formen des Zusammenlebens…
Erst jetzt erklärt die Kirche in Lyon 1274 die Ehe zum „Heiligen Sakrament“ – wovon ja viele heute behaupten oder glauben, dies sei sozusagen “direkt von Jesus (oder Petrus oder Paulus) verfügt”…
So also ist der uns bis heute so geläufige Begriff
“Sodomie” keiner, der auch nur das Geringste mit seiner alttestamentarischen
Bedeutung und Herkunft zu tun hätte:
also mit seiner STRAFE FÜR DIE, WELCHE DEN VERFOLGTEN NICHT BEISTEHEN und IHRER
ARROGANZ FRÖNEN, sondern er ist so nur ein Produkt der “christlichen”
Theologie: “christlich” aber nur im Sinne der Sicherung und Festigung
“christlich”-weltlicher Herrschaft und Macht…
In der Benennung und Definition bestimmter sexueller
“Vorlieben” aber überlebt bis heute diese Stigmatisierung durch die
mittelalterliche Theologie:.
Die absurde Vorstellung etwa, dass Homosexuelle – oder auch Zoophile –
“irgendwie anders” seien, ist fest im Denken der meisten Menschen verankert.
Diese “Trennlinie” kann umgehend wieder ?geschärft? werden, wenn sich das
gesellschaftliche Klima ändern sollte: genau das erleben wir jetzt, dies ist
der “konservative Roll-Back”…
Dagegen hilft allein die Bekämpfung des Glaubens an solche “Unterschiede” und “Trennlinien” – nur dies kann das Gift von Petrus Damiani überwinden.
Vor über vierzig Jahren waren wir bereits einmal fast soweit: ab 1968 wurden die Gesetze gegen Zoophilie, und dann Homosexualität vollständig aufgehoben, auch gegenüber Pädosexualität machte sich eine differenziertere Einstellung breit, es herrschte eine gesellschaftliche Aufbruchsstimmung, die bedauerlicherweise heute kaum noch vorstellbar ist.
Eine der Leitthemen dieser revolutionären Stimmung war die fortschrittliche Psychoanalyse, die nicht beim Individuum stehen blieb, sondern die sozialen Verhältnisse kritisch betrachtete.
Dass der Geschlechtstrieb nicht für die “Reproduktion” des Menschen, nicht einmal nur für sein sexuelles Genießen zuständig sein soll, ist eine jetzt bereits 109 Jahre alte Erkenntnis:
“Das Begehren des Mannes zum Weib ist nicht weniger erklärungsbedürftig als das des Mannes zum Mann” (Sigmund Freud:”Drei Abhandlungen zur Sexualtheorie”, 1905).
Eine “natürliche” Sexualität gibt es nicht,
ebensowenig eine “perverse”. Die “Fortpflanzung” ist nicht mehr als *eine* von
*vielen* Funktionen der “Sexualität”. Das ist natürlich eine Kränkung für
Heterosexuelle.
Das “pervers” Genannte ist nie ohne das – stets konstruierte – so genannte
“Gegenteil” zu denken.
Freuds Beitrag war hier radikaler als alles zuvor, nicht bloß eine Fortschreibung der “Aufwertung” der Geschlechtlichkeit, wie von der “Aufklärung” betrieben, als Verbindung zur “Vernunft”.
Für diejenigen so genannten und selbst ernannten, und – siehe oben – in ihrer Argumentation höchst widersprüchlichen “Tierrechtler” und/oder Veganer, die sich allen Ernstes auch noch auf der Seite des Fortschritts und der Aufklärung wähnen, wird hier leider deutlich, dass sie sich bedauerlicher Weise auf der Seite der REAKTIONÄREN und des gesellschaftlichen RÜCKSCHRITTS befinden…
1905 sowie später (“Das Unbehagen in der Kultur”, 1930) verließ er alle traditionellen Erklärungsschemata, insbesondere das bipolare Konzept von „natürlicher Trieb
versus Perversion“ (das er trotz seiner Erkenntnisse 1905 noch ausgeführt hatte), indem er z.B. zwischen dem Sexualobjekt und dem Sexualziel, zwischen der begehrten Person und der angestrebten sexuellen Handlung unterschied.
Damit stellte Freud ein angeblich biologisch vorgegebenes „Ziel“ des „Triebes“ grundsätzlich in Frage.
Er wies auf, dass sowohl heterosexueller wie auch homosexueller Geschlechtsverkehr, aber auch jede andere Form von sexueller Betätigung eine bestimmte kulturelle Leistung sei; die heterosexuelle Fixierung sei damit genauso wenig selbstverständlich und genauso erklärungsbedürftig wie – zum Beispiel – die homosexuelle.
Die psychologische Basis für diese Offenheit der Wahl liegt nach Freud im Umstand, dass Menschen eine ursprünglich – als solche allerdings nicht erst von Freud entdeckte – „polymorph-perverse“ Anlage haben. Sie kommen nicht irgendwie “-sexuell” auf die Welt.?
In dieser Anlage zu allen „Perversionen“, so Freud, „ist das Allgemein Menschliche und Ursprüngliche zu erkennen.“ (1905).
Das ist unverändert und zweifellos ein Umschlagspunkt, den freilich die unverändert herrschende bürgerliche Gesellschaft noch immer nicht nachvollzogen hat: denn es widerspräche ja ihrem Fortbestand … daher die ANGST davor, das unmissverständlich zu Erkennende zu erfassen und auszusprechen, aus Furcht vor dem Verschwinden der eigenen “Überzeugung” als “Lebensgrundlage”.
Zum einen ist damit nicht nur, wie schon lange im Rahmen des Sexualitätsdispositivs, die Geschlechtlichkeit zum Menschlichen schlechthin geworden, zum innersten Kern des Subjekts; vielmehr wird überdies die Perversion, die zuvor noch als das Andere, das Ausgeschlossene den „guten“ Sex konstituieren sollte, nun selbst zum „Ursprung“ aller menschlichen Triebe.
Obwohl Freud dann wieder ein Konzept von „normaler“ Sexualität entwickelte (das auch eine sehr problematische Vorstellung von weiblicher Sexualität mit einschloss), wurde insbesondere im “Spätwerk” immer deutlicher, dass er grundsätzlich nicht mehr an den „guten“, den „gesunden“ Sex glaubte.
**Das Perverse ist das genuin Menschliche**
Es wird nur dann als “schlecht” oder “böse” angesehen werden können, wenn es sich zerstörerisch und gewalttätig äußert. Es könnte hier also nur GEWALT verfolgt werden, nicht Sexualität an sich, wenn Gewalt nicht erkennbar ist (wobei die Faszination durch Gewalt ebenfalls ein Kontinuum des Menschlichen darstellt, das allein durch Verdrängung und Stigmatisierung der Gewalt nicht wird konstruktiv bewältigt werden können).
So wie es eine “artgerechte” Haltung nicht gibt – sondern sie stets nur im Zusammenhang geprüft und beurteilt werden kann -, gibt es auch keine “natürliche Sexualität”, die mit “Moral” im Sinne von “Geschmack” beurteilt werden kann.